Europa-Politik hautnah: EU-Planspiel bei PASCH-Alumni Treffen in Ungarn

30 interessierte junge Menschen zwischen 17 und 24 Jahren waren vom 22.-25. November 2018 gemeinsam in Budapest. Der Grund: Die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) und das Goethe-Institut organisierten die PASCH-Alumni Veranstaltung „EU? Ich will es wissen!“ mit einem EU-Planspiel. Anschließend bereitete eine Multiplikatorenschulung die Umsetzung eigener Planspiele an Schulen vor.

Vom Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat, dem EU-Ministerrat und der Europäischen Kommission hat vermutlich jeder EU-Bürger schon einmal gehört. Doch wie genau funktioniert eine demokratische Einigung in diesen Gremien?
Das Planspiel unterstützt durch eine modellhafte Darstellung des Europäischen Rats, bei der die Teilnehmenden in die Rollen der Entscheidungsträger schlüpfen und für ein tieferes Verständnis der Vorgehensweise der Europäischen Union (EU) sorgen.
Die Teilnehmenden setzten sich aus Absolventen Deutscher Sprachdiplomschulen verschiedener Länder zusammen, die meisten davon aus Ungarn, aber auch aus Serbien, der Slowakei, Bolivien und Ägypten.
Die Alumni übernahmen Rollen von Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten, die vorgegebene Positionen und Ansichten verkörperten. Andere waren Präsidentinnen und Präsidenten des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates. Außerdem gab es die Rolle des Medienvertreters, der nach außen für Transparenz sorgte und durch kritische Berichte in einer Wandzeitung die Entwicklungen festhielt und auch die Politiker beeinflussen konnte.
Zu Beginn des Planspiels wurde im Stehen die „Ode an die Freude“ angehört, was für eine leicht feierliche und „europäische” Stimmung sorgte. Im ausgewählten Szenario standen die Europa-Politiker vor der Entscheidung, wie in Zukunft die Vielfalt der Sprachen auf EU-Ebene gehandhabt werden soll. Es musste entschieden werden, ob die Debatten und offiziellen Dokumente der EU weiterhin in alle 24 Amtssprachen der Länder übersetzt werden oder nur noch in die Hauptsprachen Englisch, Deutsch und Französisch. Die dritte Alternative war, Englisch zur einzigen verwendeten Sprache zu machen. Um eine Lösung beschließen zu können, musste beim Schluss-Votum ein Vorschlag eine Dreiviertelmehrheit vorweisen.

Über mehrere Stunden wurden nun zuerst Argumente ausgetauscht, später diskutiert und Interessensgruppen gebildet. Manche Teilnehmenden waren sehr eifrig dabei, sich Unterstützer ins Boot zu holen und für ihre Meinung zu werben, so entstanden bald auch Allianzen zwischen den Chefs einiger Länder. Zwischenabstimmungen und die Wandzeitungs-Berichte zeigten immer wieder den aktuellen Stand der Debatte.
Schlussendlich blieb es nach viel Hin und Her beim bisherigen 24-sprachigen System, da keine Dreiviertelmehrheit für einen Vorschlag errungen werden konnte. Im letzten Teil des Spiels, der Talkshow, mussten sich anschließend fünf der Teilnehmer Fragen der Medienvertreter stellen.
Ganz bewusst wurden dann nach Beendigung des Planspiels die Rollen der Europa-Politiker abgelegt. Dies sei sehr wichtig, um das Erlebte im Nachhinein möglichst objektiv evaluieren zu können und die Meinungsverschiedenheiten hinter sich zu lassen, erklärten die Referenten.
Das Planspiel und die Schulung wurden von Florian Aue und Dr. Dionisi Nikolov vom CIVIC Institut geleitet und betreut. Organisiert wurde das Event von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, vertreten durch Claudia Gust (Fachberaterin in Budapest), und vom Goethe-Institut Budapest, vertreten durch Eva Pritscher (Expertin für Unterricht) und Ilka Seltmann (Leiterinder Sprachabteilung).
Sowohl die Organisatoren als auch die Teilnehmenden waren sehr zufrieden mit dem Wochenende.
Das war für mich das erste Mal, dass Nicht-Muttersprachler ausschließlich auf Deutsch ein ganzes Planspiel bewältigen“, lobte Florian Aue (Referent) die Gruppe der DSD-Absolventen.
Es ist ohnehin schon eine große intellektuelle Leistung, sich innerhalb kürzester Zeit auf ein unbekanntes Szenario einzulassen, aber wenn man dabei nicht auf seine Muttersprache zurückgreifen kann, ist das umso beachtlicher.
Einige der Alumni kannten sich bereits vor dem Wochenende durch Projekte wie beispielsweise „Jugend debattiert international”. Die Erfahrung im Diskurs war diesen Teilnehmenden sofort anzumerken: klar und präzise wurden Argumente dargelegt und begründet.
Nach der intensiven Zusammenarbeit im Planspiel und dem Workshop wird wohl zwischen allen, die teilgenommen haben, eine Vernetzung bestehen bleiben.
Wenn das Organisieren eigener Planspiele an Schulen so erfolgreich ist wie erhofft, besteht die Möglichkeit, dass die Gruppe zu einem Nachfolgeseminar und einer Exkursion nach Straßburg eingeladen wird.
Alle Bilder sind im Rahmen des Projekts entstanden.


Claudia Gust, Fachberaterin in Budapest
Nick Raster, Kulturweit-Freiwilliger am Valeria-Koch-Gymnasium in Pécs